Zwischen Hype und Handwerk: Wie KI das Lernen in Unternehmen neu definiert


Kaum eine Technologie verändert die Arbeitswelt so tiefgreifend wie Künstliche Intelligenz. Aber nicht nur Tätigkeiten und Prozesse wandeln sich – auch das Lernen selbst steht vor einer grundlegenden Transformation. Denn um in KI-getriebenen Umfeldern bestehen zu können, brauchen Mitarbeitende neue Kompetenzen. Und Organisationen neue Lernstrategien.
Dieser Beitrag beleuchtet auf Basis aktueller Studien und Marktanalysen, wie KI das Corporate Learning verändert – und welche Herausforderungen dabei zu bewältigen sind. Er ergänzt das E-Book „The AI Learning Pioneers“, das statworx gemeinsam mit Udemy, einer global führenden E-Learning-Plattform, entwickelt hat und für das zehn führende L&D-Verantwortliche befragt wurden.
KI im Corporate Learning: Warum der Wandel längst begonnen hat
Spätestens seit dem Boom generativer KI ist klar: Zukunftsfähige Organisationen müssen KI nicht nur anwenden können, sie müssen KI tief in ihr Geschäftsmodell und alle Prozesse integrieren. Genau hier setzt KI-gestütztes Lernen sowie das Lernen über KI an. Es ermöglicht einerseits personalisierte Lernpfade, adaptive Inhalte und datenbasierte Erfolgsmessung – und kann so das klassische One-size-fits-all-Prinzip ablösen. Andererseits befähigt es die Mitarbeitenden, ihre eigene Arbeit und die Prozesse im Unternehmen durch die KI-Brille zu betrachten – und so das Unternehmen schrittweise zu transformieren.
Der „2024 Global Learning & Skills Trends Report“ von Degreed zeigt: 67 % der Unternehmen nutzen bereits heute KI, um Lernen zu personalisieren. 60 % setzen auf intelligente Empfehlungen, um relevante Inhalte vorzuschlagen. Die Vorteile liegen auf der Hand: höhere Motivation, bessere Ergebnisse, geringerer Aufwand für L&D-Teams.
Auch technologisch ist viel in Bewegung: Sprachmodelle helfen beim Content-Authoring, Plattformen wie Sana oder Docebo automatisieren das Skill-Matching. Generative Video-Tools wie Synthesia beschleunigen die Content-Produktion. Und Coaching-Plattformen wie BetterUp integrieren KI, um Führungskompetenzen individuell zu fördern.
Deutschland hinkt bei KI-Kompetenz hinterher
Gleichzeitig zeigt eine neue internationale Studie von KPMG International und der Universität Melbourne, dass insbesondere Deutschland beim Thema KI-Kompetenz zu den Schlusslichtern gehört:
- 43 % nutzen KI-Tools, ohne die Resultate zu hinterfragen.
- Nur 20 % der deutschen Befragten haben eine KI-Weiterbildung erhalten. Der globale Schnitt liegt mit 39 % fast doppelt so hoch.
Dabei ist KI auch in Deutschland längst angekommen:
- 62 % arbeiten in Unternehmen, die KI einsetzen,
- und 55 % nutzen KI-Tools selbst – oft jedoch ohne klare Regeln.
Zwischen Datenschutz und Didaktik: Was die Umsetzung bremst
Trotz vieler Möglichkeiten bleibt der produktive Einsatz von KI im Learning & Development daher komplex. Eine der größten Hürden: Datenschutz und Ethik. Laut Fosway Group nennen 58 % der L&D-Verantwortlichen regulatorische Unsicherheiten als zentrales Hemmnis für den KI-Einsatz. Hinzu kommt die Frage, wie Mitarbeitende überhaupt auf KI-basiertes Lernen reagieren – zwischen Neugier und Skepsis.
Auch organisatorisch braucht es ein Umdenken: KI-Tools dürfen nicht als Add-ons verstanden werden, sondern müssen integraler Bestandteil der Lernstrategie sein. Das erfordert klare Verantwortlichkeiten, eine stabile Dateninfrastruktur und vor allem: gezielte KI-Kompetenzentwicklung in der Belegschaft.
Denn wer Lernangebote mit KI gestaltet, muss selbst verstehen, wie KI funktioniert – didaktisch wie technologisch. Dafür bedarf es klug konzipierter AI-Literacy-Programme, die das Verständnis für Chancen, Risiken und Anwendungen von KI fördern.
Ausblick: Die Zukunft des Lernens ist hybrid – und human
So stark KI das Corporate Learning verändert – wahrscheinlich wird sie menschliche Trainer:innen (vorerst) nicht ersetzen. Im Gegenteil: Je mehr Standardprozesse automatisiert werden, desto wichtiger werden Dialog, Kontext und kritisches Denken. Die Zukunft liegt in der Synergie aus Technologie und menschlicher Lernbegleitung.
Ein realistisches Zukunftsbild: KI übernimmt Analyse, Anpassung und Skalierung. Menschen kuratieren, moderieren und reflektieren. Lernprozesse werden situativer, individueller und wirkungsvoller – aber nur, wenn Technologie und Kultur zusammenspielen.
Fazit: Jetzt ist der Moment zu handeln
KI im Corporate Learning ist keine ferne Vision, sondern Realität – mit enormem Potenzial für Effizienz, Qualität und Mitarbeiterbindung. Doch damit dieses Potenzial Wirkung entfaltet, braucht es strategisches Handeln:
- Eine klare AI-Strategie im L&D-Kontext
- Investitionen in Daten- und Toolinfrastruktur
- Programme zur Förderung von KI-Kompetenzen
- Transparente ethische Leitlinien
- Wirkungsorientierte Metriken und Feedback-Systeme
Organisationen, die heute in diese Hebel investieren, sichern sich nicht nur einen Innovationsvorsprung – sie schaffen Lernräume, in denen Mitarbeitende wachsen können. Und das ist am Ende der beste Schutz gegen den Wandel.