Warum wir KI-Prinzipien brauchen
Künstliche Intelligenz verändert unsere Welt grundlegend. Algorithmen beeinflussen zunehmend, wie wir uns verhalten, denken und fühlen. Unternehmen rund um den Globus werden KI-Technologien zunehmend nutzen und ihre derzeitigen Prozesse und Geschäftsmodelle neu erfinden. Unsere sozialen Strukturen, die Art und Weise, wie wir arbeiten und wie wir miteinander interagieren, werden sich mit den Fortschritten der Digitalisierung, insbesondere der KI, verändern.
Neben ihrem sozialen und wirtschaftlichen Einfluss spielt KI auch eine wichtige Rolle bei einer der größten Herausforderungen unserer Zeit: dem Klimawandel. Einerseits kann KI Instrumente bereitstellen, um einen Teil dieser dringenden Herausforderung zu bewältigen. Andererseits wird die Entwicklung und Implementierung von KI-Anwendungen viel Energie verbrauchen und große Mengen an Treibhausgasen ausstoßen.
Risiken der KI
Mit dem Fortschritt einer Technologie, die einen so großen Einfluss auf alle Bereiche unseres Lebens hat, gehen große Chancen, aber auch große Risiken einher. Um Euch einen Eindruck von den Risiken zu vermitteln, haben wir sechs Beispiele herausgegriffen:
- KI kann zur Überwachung von Menschen eingesetzt werden, zum Beispiel durch Gesichtserkennungssysteme. Einige Länder setzen diese Technologie bereits seit einigen Jahren intensiv ein.
- KI wird in sehr sensiblen Bereichen eingesetzt. In diesen können schon kleine Fehlfunktionen dramatische Auswirkungen haben. Beispiele dafür sind autonomes Fahren, robotergestützte Chirurgie, Kreditwürdigkeitsprüfung, Auswahl von Bewerber:innen oder Strafverfolgung.
- Der Skandal um Facebook und Cambridge Analytica hat gezeigt, dass Daten und KI-Technologien zur Erstellung psychografischer Profile genutzt werden können. Diese Profile ermöglichen die gezielte Ansprache von Personen mit maßgeschneiderten Inhalten. Beispielsweise zur Beeinflussung von politischen Wahlen. Dieses Beispiel zeigt die enorme Macht der KI-Technologien und die Möglichkeit für Missbrauch und Manipulation.
- Mit den jüngsten Fortschritten in der Computer Vision Technologie können Deep Learning Algorithmen nun zur Erstellung von Deepfakes verwendet werden. Deepfakes sind realistische Videos oder Bilder von Menschen, in denen diese etwas tun oder sagen, was sie nie in der Realität getan oder gesagt haben. Die Möglichkeiten für Missbrauch dieser Technologie sind vielfältig.
- KI-Lösungen werden häufig entwickelt, um manuelle Prozesse zu verbessern oder zu optimieren. Es wird Anwendungsfälle geben, bei denen menschliche Arbeit ersetzt wird. Dabei entstehen unterschiedlichste Herausforderungen, die nicht ignoriert, sondern frühzeitig angegangen werden müssen.
- In der Vergangenheit haben KI-Modelle diskriminierende Muster der Daten, auf denen sie trainiert wurden, reproduziert. So hat Amazon beispielsweise ein KI-System in seinem Rekrutierungsprozess eingesetzt, das Frauen eindeutig benachteiligte.
Diese Beispiele machen deutlich, dass jedes Unternehmen und jede Person, die KI-Systeme entwickelt, sehr sorgfältig darüber nachdenken sollte, welche Auswirkungen das System auf die Gesellschaft, bestimmte Gruppen oder sogar Einzelpersonen haben wird oder haben könnte.
Daher besteht die große Herausforderung für uns darin, sicherzustellen, dass die von uns entwickelten KI-Technologien den Menschen helfen und sie befähigen, während wir gleichzeitig potenzielle Risiken minimieren.
Warum gibt es im Jahr 2022 keine offizielle Regelung?
Vielleicht fragt Ihr euch, warum es keine Gesetze gibt, die sich mit diesem Thema befassen. Das Problem bei neuen Technologien, insbesondere bei künstlicher Intelligenz, ist, dass sie sich schnell weiterentwickeln, manchmal sogar zu schnell.
Die jüngsten Veröffentlichungen neuer Sprachmodelle wie GPT-3 oder Computer Vision Modelle, z. B. DALLE-2, haben selbst die Erwartungen vieler KI-Expert:innen übertroffen. Die Fähigkeiten und Anwendungen der KI-Technologien werden sich schneller weiterentwickeln, als die Regulierung es kann. Und wir sprechen hier nicht von Monaten, sondern von Jahren.
Dabei ist zu erwähnen, dass die EU einen ersten Versuch in diese Richtung unternommen hat, indem sie eine Regulierung von künstlicher Intelligenz vorgeschlagen hat. In diesem Vorschlag wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Verordnung frühestens in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 für die anwendenden Unternehmen gelten könnte. Das sind Jahre, nachdem die oben beschriebenen Beispiele Realität geworden sind.
Unser Ansatz: statworx AI Principles
Die logische Konsequenz daraus ist, dass wir uns als Unternehmen selbst dieser Herausforderung stellen müssen. Und genau deshalb arbeiten wir derzeit an den statworx AI Principles, einer Reihe von Prinzipien, die uns bei der Entwicklung von KI-Lösungen leiten und Orientierung geben sollen.
Was wir bisher getan haben und wie wir dazu gekommen sind
In unserer Arbeitsgruppe “AI & Society” haben wir begonnen, uns mit diesem Thema zu beschäftigen. Zunächst haben wir den Markt gescannt und viele interessante Paper gefunden. Allerdings sind wir zu dem Schluss gekommen, dass sich keins davon 1:1 auf unser Geschäftsmodell übertragen lässt. Oft waren diese Prinzipien oder Richtlinien sehr schwammig oder zu detailliert und zusätzlich ungeeignet für ein Beratungsunternehmen, das im B2B-Bereich als Dienstleister tätig ist. Also beschlossen wir, dass wir selbst eine Lösung entwickeln mussten.
In den ersten Diskussionen darüber wurden vier große Herausforderungen deutlich:
- Einerseits müssen die AI Principles klar und für das breite Publikum verständlich formuliert sein, damit auch Nicht-Expert:innen sie verstehen. Andererseits müssen sie konkret sein, um sie in unseren Entwicklungsprozess integrieren zu können.
- Als Dienstleister haben wir nur begrenzte Kontrolle und Entscheidungsgewalt über einige Aspekte einer KI-Lösung. Daher müssen wir verstehen, was wir entscheiden können und was außerhalb unserer Kontrolle liegt.
- Unsere AI Principles werden nur dann einen nachhaltigen Mehrwert schaffen, wenn wir auch nach ihnen handeln können. Deshalb müssen wir sie in unseren Kundenprojekten anwenden und bewerben. Wir sind uns darüber im Klaren, dass Budgetzwänge, finanzielle Ziele und andere Faktoren dem entgegenstehen könnten, da es zusätzlichen Zeit- und Geldaufwand erfordert.
- Außerdem ist nicht immer klar, was falsch und richtig ist. Unsere Diskussionen haben gezeigt, dass es viele unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, was richtig und notwendig ist. Das bedeutet, dass wir eine gemeinsame Basis finden müssen, auf die wir uns als Unternehmen einigen können.
Unsere zwei wichtigsten Erkenntnisse
Eine wichtige Erkenntnis aus diesen Überlegungen war, dass wir zwei Dinge brauchen.
In einem ersten Schritt brauchen wir übergeordnete Grundsätze, die verständlich und klar sind und bei denen alle mit an Bord sind. Diese Grundsätze dienen als Leitidee und geben Orientierung bei der Entscheidungsfindung. In einem zweiten Schritt wird daraus ein Framework abgeleitet, welches diese Grundsätze in allen Phasen unserer Projekte in konkrete Maßnahmen übersetzt.
Die zweite wichtige Erkenntnis ist, dass es durchaus schwierig ist, diesen Prozess zu durchlaufen und sich diese Fragen zu stellen. Aber gleichzeitig auch, dass dies für jedes Unternehmen, das KI-Technologie entwickelt oder einsetzt, unvermeidlich ist.
Was kommt als nächstes?
Bis jetzt sind wir fast am Ende des ersten Schritts angelangt. Wir werden die statworx AI Principles bald über unsere Kanäle kommunizieren. Wenn Ihr euch ebenfalls in diesem Prozess befindet, würden wir uns freuen, mit Euch in Kontakt zu treten, um zu verstehen, wie ihr vorgegangen seid und was ihr dabei gelernt habt.
Quellen
https://www.nytimes.com/2018/04/04/us/politics/cambridge-analytica-scandal-fallout.html
https://www.reuters.com/article/us-amazon-com-jobs-automation-insight-idUSKCN1MK08G
https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/policies/european-approach-artificial-intelligence
https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/umgang-mit-desinformation/deep-fakes-1876736